14.01.2025: Nesträuber und Amphibienjäger
Er sieht so putzig aus mit seiner schwarzen Maske, dem kuschelig wirkenden Fell und der eher pummeligen Gestalt: der Waschbär (Procyon lotor). Seit Mitte des letzten Jahrhunderts verbreitet sich dieser Kleinbär in Europa, wobei in Mitteleuropa wohl die meisten Tiere von zwei in Nordhessen ausgesetzten Paaren abstammen. Inzwischen ist die Art fast überall in Deutschland verbreitet. Das wäre im Prinzip auch kein Problem, wenn der Waschbär sich in den letzten Jahren nicht extrem vermehrt hätte und zudem kein ausgesprochener Allesfresser wäre. Zudem hat er hierzulande keine natürlichen Feinde.
Während er sich früher überwiegend durch den lautstarken Bezug von Dachböden und deren messiartige Verwüstung auszeichnete, kommen inzwischen immer mehr Schadensmeldungen dazu. Diese betreffen die Bedrohung der heimschen Artenvielfalt. Der Waschbär zeichnet sich nämlich nicht nur dadurch aus, in der Nacht Vogelfutterstellen und Katzenfutternäpfe aufzusuchen, sondern er erlegt auch inzwischen wohl im großen Stil baumbrütende Vögel. Dabei werden sowohl die Elterntiere abgefangen wie auch die Nester geplündert. Gefährdet sind dabei u.a. Mauersegler, Rotmilane, Trauerschnäpper und Spechte. Bei Spechten, u.a. Mittelspechten, werden dabei wohl überwiegend die Männchen erbeutet, da diese nachts brüten bzw. die Jungvögel im Nest warmhalten, während der Waschbär auf die Jagd geht.
Ebenfalls zur Beute des Waschbär zählen verschiedene Amphibien wie z.B. Erdkröten. Diese werden vom Waschbär gefangen, gehäutet und verzehrt. Die leeren Häute können als Nachweis für die Tätigkeit des Kleinbären dienen und sollten fotografiert und z.B. auf NABU|naturgucker.de gemeldet werden. Auch eine Information an die betreffende Kommune mit der Bitte um ein Waschbärmonitoring sowie ggf. Gegenmaßnahmen können hilfreich sein.
Damit die Waschbärpopulation nicht weiterhin unkontrolliert zunimmt, empfehlen Experten verschiedene Maßnahmen wie das Anbringen von waschbärsicheren Mülleimer z.B. an Grillplätzen. Insbesondere Vogelfutterstellen im Garten sichern dem Waschbären im Winter wohl ein Auskommen. Sie zu sichern, gestaltet sich jedoch schwierig, da Waschbären ausgesprochen geschickt sind und auch glatte Metallstangen erklimmen sowie Karabinerhaken öffnen können. Als sicher vor Plünderungen hat sich ein in etwa 4 m Höhe angebrachter Draht erwiesen, an dem die Futtersäule mindestens 1,5 m über dem Böden und 2 m von Bäumen entfernt angebracht ist.
Obwohl der Waschbär unter das Jagdrecht fällt und zu bestimmten Zeiten geschossen werden darf, ist ein Teil der Jäger nicht an der Bejagung dieser Art interessiert. Außerdem legen einige Untersuchungen nahe, dass Verluste durch Bejagung oder auch Krankheiten wie z.B. Staupe durch erhöhte Nachwuchsraten in der Waschbärpopulation schnell wieder ausgeglichen werden. Bei brütenden Wasservögeln konnte dagegen wohl durch verstärkte Bejagung ein besserer Bruterfolg erreicht werden.
Es steht fest, dass wir diese in Europa nicht heimische Tierart nicht wieder loswerden können. Es gilt daher, einen geeigneten Umgang mit dem possierlichen, aber für viele heimischen Arten tödlichen, Kleinbären zu finden.
Mehr Informationen zum Waschbären und seinem Einfluss auf die heimischen Spechtarten und wie man sie schützen kann, stehen im Journal für Vogelbeobachtung "Der Falke" (Ausgabe Oktober 2024, S. 20 ff., Autor: Dr. Rolf Hennes)