10.6.2024: Ende der Blumenwiese

In diesem Eintrag gibt es leider sehr schlechte Nachrichten. Um es vorweg zu nehmen: meine Blumenwiese gibt es nicht mehr. Seit 2019 habe ich vor unserem Haus auf gut 20 Quadratmetern aus einem kaum bewachsenen Streifen eine artenreiche Blumenwiese mit heimischen und insektenfreundlichen Pflanzen gemacht. Ich habe die Pflanzen gesäht, gehegt und gepflegt. Zudem habe ich sie sowie die Vielzahl der tierischen Bewohner und Besucher der Wiese dokumentiert und aufgelistet. Des weiteren gab es wechselnde Infotafeln für Passanten zu verschiedenen Themen wie Insektentränke oder Frühblühern. In meinem Blumenwiesenblog habe seit Mai 2019 die Entwicklung und die Probleme beschrieben und viele dort aufgenommene Bilder gezeigt. Ich wollte zeigen, dass man auch auf kleinen Flächen im Siedlungsgebiet eine hohe Artenvielfalt erreichen kann. Und das ist gelungen: mehr als 70 Pflanzen- und über 100 Tierarten konnte ich auf der kleinen Fläche in den Jahren ausmachen. Viele Arten waren davon häufig und auch jährlich wiederkehrend anzutreffen.

In der letzten Woche wurde jedoch mit der geplanten Fassadensanierung begonnen. Dass dabei ein Streifen der Wiese direkt am Haus für das Aufstellen des Gerüsts in Mitleidenschaft gezogen würde, war mir bewusst. Was dann allerdings am Donnerstag geschah, hat mich völlig verzweifeln lassen. Trotz des Hinweises von mir an die Gerüstbauer und meines letzten Infoschildes "Frisch eingesät - Hier wächst eine artenreiche Blumenwiese" wurde nicht nur das Gerüst auf der Fläche aufgebaut, sondern der Rest der Wiese als Lagerplatz für das Gerüstgestänge verwendet. Innerhalb von etwa 5 Stunden wurde die gesamte Blumenwiese plattgetreten und dem Erdboden gleichgemacht. Was mich dabei besonders schmerzt ist nicht nur der angerichtete Schaden, sondern dass es das einzige Stück in der gesamten Anlage war, dass jemandem etwas bedeutet und dass dort der Grad der Zerstörung praktisch 100% beträgt. In den benachbarten Bereichen ist tatsächlich nur der hausnahe Streifen betroffen, mit dem auch ich gerechnet hatte. Es wäre also möglich gewesen, aber aus Unwissenheit und Ignoranz (es war ja zu erkennen) wurde meine gesamte Arbeit und Liebe, die ich in dieses Stück investiert habe, zunichte gemacht. Bezeichnenderweise war das einzige, das sich noch recht lange gehalten hat, der invasive Balkan-Storchschnabel, der aus der ursprünglichen Anpflanzung stammte und den ich nur widerwillig dort habe stehen lassen (immerhin Nektarlieferant für Bienen). Dieser ist in einer geraden Reihe gepflanzt und damit erkennbar ordentlich und wurde somit als "erhaltenswert" von den Gerüstbauern eingestuft. Was bedeutet das? Das bedeutet nicht nur, dass keiner im Rahmen der Planung meine Arbeit auf der Wiese gewertschätzt und den Gerüstverlauf entsprechend eingeplant hat (wäre sicher möglich gewesen) sondern auch, dass die ungeordnete Natur als nicht schützenswert angesehen wird - im Gegensatz zu regelmäßiger Anpflanzung von egal was. Mir ist bewusst, dass nicht jeder profundes Pflanzenwissen besitzen kann und das ist auch nicht notwendig, wenn wir trotzdem noch eine Beziehung zu der Natur um uns herum haben. Aber wenn wir Menschen in unserer Welt ordentliche, exotische Pflanzreihen und Rollrasen für erhaltenswerte Natur halten und gleichzeitig artenreiche und damit chaotischere Lebensräume eliminieren, dann werden wir keine lange Verweildauer mehr auf diesem Planeten haben - sowie auch viele andere Arten, die wir mit in den Abgrund reißen. Wir alle sind Teil der Natur und sägen gerade kräftig am Ast auf dem wir sitzen, vor meiner Haustür und an vielen anderen Stellen dieser Welt.

Bilder vor und nach dem Aufbau sowie benachbarte, weniger betroffene Bereiche, zudem ein paar Bilder der Wiese aus den Jahren 2020 und 2021:

Link zum Blumenwiesenblog von Mai 2019 bis Ende 2022

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